Hauptstadtregion erprobt ganzheitlich Elektromobilität im Güterverkehr

Einer der Forschungsbereiche in Brandenburg: die Verbesserung des Stromabnehmers auf dem eHighway. Foto: Siemens

Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg ist der ideale Standort für die Weiterentwicklung der Elektromobilität Davon zeugen die aktuellen Entwicklungen der Unternehmen BEHALA, Meyer & Meyer Logistik und Siemens.

Einen Erfolgsfaktor für die Ballung von innovativen Lösungen in diesem Segment sieht Dr. Steffen Kammradt, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Land Brandenburg GmbH (WFBB), in der geografischen Lage begründet: „Berlin ist Metropole, Brandenburg Flächenland. Wenn wir beides zusammennehmen, lässt sich beinahe jedes Szenario in diesen Anwendungsbereichen testen.“
Nutzfahrzeughersteller sind als Entwicklungspartner gefordert
Die Unternehmen aus der Region Berlin-Brandenburg würden die Elektromobilität noch stärker in ihre logistischen Prozesse integrieren, doch fehle es an Angeboten seitens der Nutzfahrzeughersteller. „Um Verteilerverkehre und Containernachläufe elektrisch abzubilden, müssen die Hersteller in diese Technik investieren und sie weiterentwickeln“, erklären Klaus-Günter Lichtfuß, Leiter Logistik der Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft (BEHALA) und Dr. Clemens Haskamp, Aufsichtsratsmitglied des Textillogistikers Meyer & Meyer übereinstimmend.
Meyer & Meyer erprobt 2018 Elektromobilität im Pendelverkehr
Beide Unternehmen treiben die Elektromobilität mit eigenen Projekten voran. Bei Meyer & Meyer ist geplant, ab 2018 testweise mit einem elektrisch betriebenen Wechselbrücken-LKW einen Pendelverkehr zwischen Potsdam und Peine (bei Hannover) aufzubauen. Anstelle von on-bord-Akkus ist der 20 Tonner mit Wechselbatterien ausgestattet, um dem Logistikdienstleister ähnliche Flexibilität und Planungsfreiheiten wie bei einem Dieselfahrzeug zu gewährleisten. „Zwischenstation ist das 150 km entfernte Magdeburg. Dort sollen die Batterien innerhalb von 15 Minuten getauscht werden. Diese dienen während der Ladezeit auch der Netzstabilisierung“, konkretisiert Haskamp. Im Rahmen des mit Bundesmitteln geförderten Projekts RouteCharge soll aufgezeigt werden, dass sich weiträumige Lieferketten bis zu 300 km mit einem elektrischen Nutzfahrzeug abdecken lassen und es sich zudem durch den Doppelnutzen der Batterien wirtschaftlich und zeitlich rentiert. Zwei Lösungsansätze verfolgt Haskamp mit dem Projekt: „Wir wollen den 3-Schichtbetrieb mit Wechselbatterien erproben und Erfahrungen mit Dual-Use im Energieverbund sammeln.“
BEHALA will 2020 elektrisches Schubboot zu Wasser lassen
Mit ganz anderen Dimensionen bei der technischen Leistungsfähigkeit setzt sich Klaus-Günter Lichtfuß von der BEHALA auseinander. Er will in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin im Projekt „Elektra“ Schiffstransporte elektrifizieren, in dem er ein entsprechendes Schubboot entwickelt. Lichtfuß nennt einige Anforderungen: „Für einen sinnvollen Betrieb, beispielsweise zum Seehafen Hamburg, müssen wir bei einem Schubleichtergesamtgewicht von 1.400 t mit einer Reichweite von 150 km und einer Einsatzzeit von 16 Stunden pro Tag kalkulieren. Dazu benötigen wir einen Antrieb mit einer Leistung von 400 kW.“ Spätestens im Jahr 2020/2021 wollen die Projektpartner das mit Akkumulatoren, Wasserstoff und Brennstoffzellen betriebene Schubboot auf dem Wasser erproben. Lichtfuß rechnet mit einem Erprobungszeitraum von vier bis sechs Jahren
BEHALA beteiligt sich an Lösungen für die letzte Meile in Berlin
Auch auf der letzten Meile beteiligt sich die BEHALA an einem vom Bundesverkehrsministerium geförderten Projekt namens KoMoDo, bei dem bis zu vier Standorte als gemeinsam genutzte Mikro-Depots errichtet werden, von welchen aus die beteiligten Unternehmen die Belieferung ausgewählter Bereiche mit Lastenrädern vornehmen. Sobald der Förderbescheid vorliegt, wird die BEHALA laut Lichtfuß die Standorte, über die aktuell noch nicht final entschieden ist, aufbauen und betreiben. Die Nutzer sind ein Konsortium aus mehreren KEP-Dienstleistern. Die Belieferung der Mikro-Depots soll vorzugsweise mit Elektrofahrzeugen erfolgen, für die Verteilung sollen Lastenfahrräder eingesetzt werden.
eHighway mit großem Potenzial für den Fernverkehr
Insbesondere mit Blick auf hochfrequentierte Pendelstrecken und den LKW-Fernverkehr richtet Benjamin Wickert, Head of Business Development eHighway von Siemens das Augenmerk auf eine alternative Lösung für umweltfreundliche Straßengüterverkehre. In der Uckermark erprobt er mit seinem Team den elektrifizierten Straßengüterverkehr auf einer privaten Teststrecke in Groß Dölln. Das Gelände umfasst eine Teststrecke von 2,1 km realistischer Autobahnbedingungen für Oberleitungs-LKW und lieferte den Nachweis der technischen Machbarkeit für zwei Demonstrationsprojekte auf öffentlicher Straße (Schweden und USA). Eingesetzt werden Hybridfahrzeuge, die auch Straßen nutzen können, die nicht elektrifiziert sind. „Die direkte konduktive Stromübertragung ermöglicht einen sehr hohen Wirkungsgrad und durch Lebenszyklen von über 35 Jahren lässt sich das System wirtschaftlich betreiben“, ist Wickert überzeugt. Die Infrastrukturkosten (inkl. Unterwerke und Elektrifizierung beider Fahrtrichtungen) fallen gemäß unterschiedlicher Studien mit 1,7 bis 2,5 Mio. EUR pro Kilometer vergleichsweise gering aus. Im Rahmen eines dritten Forschungsprojekts wird in Brandenburg aktuell durch Siemens weiter an der Verbesserung des Stromabnehmers gearbeitet. Dabei sollen Komplexität, Kosten und Gewicht reduziert werden, sowie die Verfügbarkeit des Systems weiter erhöht werden.

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