Mangelhaft ausgebaute Korridore gelten als größter Hemmschuh für die Wettbewerbsfähigkeit Italiens als aufstrebende Logistikplattform. Die Potenziale diskutierte das Logistikforum Italien auf der transport logistic 2011 in München. Im Fokus: der zügige Anschluss an europäische Netze, leistungsfähige Bahnverbindungen und eine klare Vermarktung integrierter Logistikinfrastruktur.
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„Für Bayern sind die oberitalienischen Häfen eine wichtige Verbindung. Kurze Wege nach Fernost bedeuten markante Wettbewerbsvorteile für unser Land,“ eröffnet Katja Hessel, Staatsekretärin im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie das Logistikforum Italien. Global gesehen sind die Südhäfen bei steigender Nachfrage nach ressourcenschonenden Transporten eine logische Ergänzung der Nordhäfen. Zwischen Fernost und Süddeutschland ist die direkte Verbindung über die Alpen bis zu sechs Tage schneller. Trotzdem hinkt sie im Wettbewerb den Nordhäfen hinterher. „Mangelhaft ausgebaute Korridore mit unsicheren Laufzeiten verursachen Probleme, die sich nicht verhehlen lassen“, so Maurizio Maresca, Vizepräsident der Unicredit Logistics. Eine klare Wettbewerbspositionierung für größere Anteile am Containerverkehr zwischen Asien und Süddeutschland braucht Investitionen. Dafür muss es nach Maresca enge Bündnisse mit Verkehrsträgern, klare Spielregeln für internationalen Kapitaleinsatz und langfristig sichere Planungshorizonte geben.
Offene Türen mit Stolperschwellen
Das italienische Hafensystem steht im europäischen Warenverkehr an zweiter Stelle. Nach Assoporti-Präsident Francesco Nerli kann es die EU dabei unterstützen, die Treibhausgase bis 2020 um 60 Prozent zu senken. Dafür müssen die italienischen Häfen und Güterverkehrszentren als vernetztes Gesamtsystem arbeiten. Nerli fordert, den Ausbau der Logistikinfrastruktur stärker im Weißbuch der EU zu verankern und ermuntert die italienische Regierung zu mutigen Logistikplänen für mehr öffentlich-private Partnerschaften. „Die Türen in Italien sind weit offen. Die Regeln für neue Warenketten bestimmen Wirtschaft und Gesetzgebung gemeinsam.“ Wie offen die Türen sind, welches Potenzial brach liegt und welche Stolperschwellen noch zu beseitigen sind, zeigte die Diskussion um die Wettbewerbsfähigkeit der Häfen. „Der Mittelmeerraum hat gute Karten, wenn wir die Landesgrenzen überwinden,“ sagt Giuseppe Parrello, Vizepräsident der North Adriatic Ports Association, der seinen bisherigen Anteil von 18 bis 20 Prozent am gesamten Containerverkehr, ertragreich steigern möchte. Auch die drei ligurischen Häfen sehen Potenzial. Mit 3,3 Millionen Containern im letzten Jahr, Tendenz steigend, bauen sie Italiens Wettbewerbsfähigkeit konsequent mit Investitionen in IT und Infrastruktur sowie beschleunigten Verfahren aus. In diesem Sinne investiert auch Giuliano Gallanti, Präsident Hafen Livorno, in Anlegestellen für große Schiffe, Bahnanbindungen via Appenin zur Po-Ebene und kooperiert eng mit dem GVZ Bologna. Obwohl alle Häfen eine klare Strategie im Kopf haben, braucht die Umsetzung Zeit und Unterstützung durch Politik und Wirtschaft. Mauro Zinnanti, Direktor der Verkehrsabteilung im Ministerium für Transport, Infrastruktur und Energie der Region Friaul Julisch Venetien, begegnet deshalb der starken Kreditnachfrage seitens privater Investoren mit offenen Bedingungen statt diktatorischen Investitonsplänen und unterstützt den Ausbau des Bahntransports z. B. die Rola von Triest nach Salzburg. „Wir sehen eine starke Weiterentwicklung zwischen Bayern und Italien,“ resümiert Zinnanti. „Die Verbindungen von Triest nach Ulm oder München sind gut ausgelastet“.
GVZ: Vernetzte Erfolgsmodelle im Hinterland
„Für einen starken intermodalen Transport müssen Häfen und Bahninfrastruktur die Güterverkehrszentren im Hinterland nutzen,“ fordert Verbandspräsident Alessandro Ricci, als Vertreter von 24 italienischen Güterverkehrszentren, davon sieben unter den Top 20 in Europa und elf mit dem vollen Dienstleistungsangebot für europäische Verkehrskorridore. Immer mehr große Industrieunternehmen und Logistikanbieter entdecken die Vorteile der Logistikinfrastruktur und zeigen mit ihren Volumina, dass ein GVZ mehr als eine Anlaufstelle für Spediteure und Carrier sein kann. Und diese Entwicklung lässt sich im Kleinen fördern in dem die GVZ zum Beispiel Investoren den Kontakt zu den Behörden erleichtern. Wie sich der Fortschritt noch besser vorantreiben lässt, bringt Heiner Rogge, Hauptgeschäftsführer des DSLV, aus deutscher Sicht auf den Punkt. Er fordert leistungsfähige Schienenverbindungen mit mindestens 90 Prozent Zuverlässigkeit. Nicht nur im kombinierten sondern auch im Einzelwagenverkehr und empfiehlt dazu ein Qualitätssystem wie X-Rail. Aus seiner Sicht übertrumpft jedoch trotz positiver Entwicklung das Angebot der Nordhäfen in der Gesamtleistung. Für größere Wettbewerbsfähigkeit fordert er: „Italienische Häfen sollen sich gemeinsam vermarkten, damit wir uns in Deutschland die Einzelheiten nicht mühsam zusammensuchen müssen. Erst mit klaren Angeboten warten Verlader und Reeder mit entsprechenden Mengen auf.“ Vor Ort in Italien, erklärt Geschäftsführer Zeno D’Agostino vom GVZ Bologna, gibt es die Infrastruktur und entsprechende Strategien wie Verkehre in Richtung Europa vernünftig gebündelt werden können. Daran beteiligen sich acht verschiedene italienische und europäische Bahngesellschaften. Statt wie vor 1 ½ Jahren 90 Prozent beträgt dadurch der Anteil von Trenitalia nur noch ein knappes Drittel. Untereinander arbeiten die GVZ vernetzt und stimmen ihre Dienstleistungen in enger Zusammenarbeit mit den Betreibern ab. Dadurch entwickelt sich die italienische Logistikinfrastruktur sehr schnell. Regionen wie Emilia Romagna boomen. Das Wirtschaftswachstum wird nach Paolo Ferrecchi, Generaldirektor für Städteplanung, Infrastruktur und Transportwesen, sowohl im konventionellen als auch im kombinierten Verkehr mit entsprechenden Gesetzen und Marketing gefördert.
Südhäfen als Plus für den Norden
Der Weg über die Alpen im Güterverkehr ist für Michele Valensise, Italienischer Botschafter in Deutschland, ein ähnlicher Paradigmenwechsel im Güterverkehr wie vor 150 Jahren der Suezkanal. Aus wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Gesichtspunkten hat ganz Europa starkes Interesse daran, die Lösung zu prüfen und zu nutzen. Es ist damit eine europäische Aufgabe. Mit leistungsfähigen Verkehrskorridoren und effizienten Hinterland- und Hafenstrukturen kann Italien langfristig eine wettbewerbsfähige Logistikplattform für den Mittelmeerraum, Südosteuropa und Fernost sein.
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