Dachau, 1. August 2011 – Frontstapler erhalten bei der Montageversorgung zunehmend Konkurrenz durch Zug-Konzepte mit festem Fahrplan. An Stelle der flexiblen Individualbereitstellung tritt dann die so genannte „geplante Bereitstellung“. Mit modernen Staplerruf-Lösungen können die Vorteile beider Lösungen miteinander verbunden werden.
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Die Fahrleistung ist enorm: Die Frontstapler der TWB Presswerk GmbH & Co. KG sind im Jahr bis zu 4.000 Betriebsstunden im Einsatz. Umgerechnet auf die Fahrleistung eines Pkw entspricht dies etwa einer Strecke von 160.000 Kilometern. Dafür sind die Fahrzeuge bis zu sieben Tage in der Woche rund um die Uhr unterwegs. Auf dem weitläufigen Betriebsgelände des Systemlieferanten entstehen in drei Schichten pro Tag rund 10.000 Rücksitzlehnen für Mittel- und Oberklassefahrzeuge des VW-Konzerns.
Lösung mit zwei Namen
Für den Materialfluss hat der Systemlieferant TWB am Firmensitz in Hagen 17 Elektro-Frontstapler mit einer Tragfähigkeit von 2,5 t im Einsatz. Auch der Automobilzulieferer GKN setzt auf Frontstapler. An zwei Standorten in Offenbach produziert das Unternehmen Antriebselemente für alle führenden Fahrzeughersteller. Der innerbetriebliche Materialfluss wird dabei durch 44 Gabelstapler gesichert, darunter 22 Elektro- und 12 Diesel-Frontstapler sowie 10 Lagertechnik-Geräte.
Für die Be- und Entladung der Lkw könnten weder TWB noch GKN auf Frontstapler verzichten. In der Montage sieht dies jedoch ganz anders aus. Hier würde sich auch ein zeit-, kosten- und energiesparendes Milkrun-System mit so genannten Routen- oder Logistikzügen anbieten. Die beiden Begriffe wurden durch die Vorreiter Still und Linde geprägt. Während Still von Routenzügen spricht, nennt Linde die innovativen Flurförderzeuge „Logistikzug“.
Bedarfsgerechte Transporte
Besonders in der Automobilindustrie stoßen die Zug-Konzepte auf großes Interesse. Dabei gibt es Schlepperzüge mit den verschiedensten Anhängerkombinationen schon seit vielen Jahren. Neu und revolutionär sind die Zug-Konzepte durch ihre leise laufenden Anhänger, die ein flexibles Be- und Entladen ermöglichen. Bei herkömmlichen Schleppern waren die Waggons in einer starren Reihenfolge miteinander verbunden. Bei einem Logistikzug von Linde bestehen sie aus einem Stahlrahmen mit sechs Rollen, einer leisen und umweltfreundlichen elektrischen Hubvorrichtung für Paletten-Fahrgestelle, den so genannten Dollies, sowie einer Deichsel mit Anhängerkupplung. Dabei schiebt der Bediener befüllte Dollies in die Lastanhänger und hebt diese per Knopfdruck bodenfrei an. Am Zielort wird der Dolly abgesenkt und auf die vorgesehene Fläche geschoben. Das Konzept der Kion-Konzernschwester Still arbeitet auf sehr ähnliche Weise.
Die Vorteile der Materialversorgung mit einem Routen- beziehungsweise Logistikzug sind vielfältig: Im Rahmen getakteter Versorgungsprozesse können vorkommissionierte Ladungsträger bedarfsgerecht an definierte Verbrauchsstellen gebracht werden. Der Trend zu Kleinladungsträgern wird hier ideal durch das Transportsystem aufgenommen.
Schneller und sicherer
Ein einziger Fahrer versorgt einen ganzen Produktionsabschnitt mit Nachschub. Insgesamt befinden sich deutlich weniger Fahrzeuge im Fuhrpark, was Einsparungen bei Investitions-, Betriebs- und Personalkosten mit sich bringt. Der Routenzug ist hier im Vergleich zum Palettentransport per Stapler schneller und sicherer. Zudem reduziert sich die Handlingzeit pro Ladungsträger auf ein Minimum. Weitere Nutzen sind die gleichzeitige Ver- und Entsorgung von Material und Ladungsträgern, klar definierte Transportrouten ohne Leerfahrten und damit ein geringeres Verkehrsaufkommen in der Produktion.
Mittlerweile haben schon viele Industrieunternehmen die Vorteile der Züge erkannt und ihre Produktionsversorgung umgestellt. Der Hersteller Linde liefert das beste Beispiel. Im Stammwerk Aschaffenburg wurden bereits zehn Prozent der Montagelinien von der Individualbereitstellung auf die so genannte „geplante Bereitstellung“ mit eigenen Logistikzügen umgestellt. Den Anfang machte die Baureihe 387/388. Hier werden alle benötigten Materialien nach dem „Milkrun-Prinzip“ auf Lastgestellen direkt und „Just in sequence“ am Band zur Verfügung gestellt.
Mitarbeiter können Eingreifen
Der Nachschub wird bei Linde über das zentrale ERP-System und so genannte „Bereitsteller“ geregelt. Die leeren Teilebehälter, die mit dem Logistikzug am Ende der Tour wieder am Ausgangspunkt eintreffen, verfügen über einen Barcode. Dieser wird vom Bereitsteller abgescannt, wodurch im System automatisch ein neuer Kommissionierauftrag erzeugt wird.
Die weitgehende Automatisierung der Abläufe ist zugleich der größte Nachteil der Routenzug-Konzepte. Ein menschliches Eingreifen in den immer wiederkehrenden Ausnahmefällen ist nur schwer oder überhaupt nicht möglich. Zu den starren Fahrplänen kommen hochkomplexe Strukturen der Informationstechnologie, die von den Mitarbeitern nicht durchschaut oder beeinflusst werden können. Die Individualität bleibt auf der Strecke.
Es gibt deshalb in der Praxis auch Zug-Lösungen, bei denen die Montage-Mitarbeiter direkt in den Prozess eingreifen können. Beim Traktorenhersteller AGCO am Standort Marktoberdorf funktioniert die Nachschub-Anforderung zum Beispiel nach dem Kanban-Prinzip: Sobald das letzte Teil aus einem Kleinteilebehälter entnommen wurde, wird durch den betreffenden Mitarbeiter per Tastendruck die nächste Bestellung ausgelöst. Umgekehrt lassen sich auch die an der Montagelinie befüllten Behälter entsorgen. Solche Varianten ermöglichen – trotz relativ starrer Fahrpläne der Routenzüge – ein flexibles und bedarfsgerechtes Eingreifen der Mitarbeiter.
Ob mit oder ohne Kanban: Realisieren lassen sich solche flexiblen Lösungen mit einem Stapler-Rufsystem, wie es von der Securifix GmbH aus Dachau unter dem Namen „LT03“ angeboten wird. Erfolgreich eingesetzt wird es zum Beispiel im Lkw- und Bus-Werk von MAN in Steyr oder dem Hersteller von gasisolierten Strom- und Spannungswandlern Trench in Bamberg. Verblüffend einfach und zuverlässig können die dortigen Mitarbeiter mit einem einfachen Knopfdruck einen Routenzug oder Frontstapler herbeirufen. Die Lösung arbeitet vollkommen unabhängig von den installierten Logistiksystemen und Belieferungskonzepten. Das Rufsystem passt sich allen Umgebungen an – ganz egal, ob klassische Frontstapler oder Routenzüge eingesetzt werden.
Antwort per Knopfdruck
Die Lösung besteht aus mindestens je einer Rufstelle und einer portablen, am Stapler oder Routenzug montierten, Empfangs- und Sendeeinheit. Jeder Ruf wird mit Hilfe eines gebührenfreien Ultrahochfrequenz-Funksystems an alle angeschlossenen Flurförderzeuge übertragen. Hierfür sind die Fahrzeuge mit einer Empfangs- und Sendeeinheit ausgestattet die sich in ihrer Form nicht von den Rufstellen unterscheidet. Die Aluminium-Druckguss-Gehäuse der Geräte verfügen über eine Flüssigkristall-Anzeige und sind gegen das Eindringen von Staub und Wasser geschützt.
Sobald ein Fahrzeug einen Ruf empfängt wird dieser dem Fahrer an der portablen Einheit angezeigt. Er kann daraufhin per Knopfdruck entscheiden ob er den Auftrag annimmt. Seine Antwort wird über das Funknetz an die Rufstelle übertragen, die den Auftrag dem ersten antwortenden Routenzug oder Stapler zuordnet. Bei allen übrigen Flurförderzeugen wird der so vergebene Auftrag automatisch gelöscht. Sobald die Ware übernommen wurde, wird dies an der Rufstelle per Knopfdruck quittiert.
Das Stapler-Rufsystem LT03 verwaltet bis zu 64 Rufstellen und 64 Flurförderzeuge, denen beliebige Namen zugeordnet werden. Und das Beste: Das System kann ohne das Verlegen von Leitungen innerhalb weniger Stunden installiert werden und eignet sich für den Einsatz auf beliebig großen Betriebsflächen. Jede eingesetzte Rufstelle wirkt dabei wie eine Relaisstation, die „vorbeikommende“ Signale an die nächstgelegene Rufstelle weiterleitet.
Die Kosten-Nutzen-Rechnung kann in der Praxis immer wieder überzeugen. In der Leistenfertigung der MeisterWerke in Rüthen-Meiste wurde zum Beispiel jede der sieben Fertigungsstraßen mit einer Rufstelle ausgerüstet. Sobald an einer der Fertigungsstraßen Rohstoffe benötigt werden oder Fertigteile zur Abholung bereit stehen, werden hier die benötigten Flurförderzeuge auf Knopfdruck herbeigerufen. „Die Lösung optimiert die Wegstrecken und beschleunigt den innerbetrieblichen Materialfluss erheblich“, erklärt Einkaufsleiter Wolfgang Siemer. Das LT 03 funktioniere effizienter und schneller als das vorherige Bestellen von Staplern per Zuruf oder Telefon.
Das Ruf-System für die Leistenfertigung kostete inklusive der gesamten Montage rund 15.000 Euro. Das System ist zudem derart einfach, dass die Schulung der Mitarbeiter in weniger als einer Stunde beendet war. „Wir waren sehr überrascht, mit welch geringem Einsatz wir gleich mehrere Stapler und die zugehörigen Betriebs- und Personalkosten einsparen konnten“, erinnert sich Siemer.
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Hintergrund: Securifix Creativ Center
Das Securifix Creativ Center entwickelt, produziert und vertreibt Kommunikationslösungen, die auf der Hochfrequenz-Funktechnik basieren. Auf diesem Gebiet verfügt das Unternehmen – gemeinsam mit seinen Beteiligungen – über mehr als 35 Jahre Erfahrung. Securifix entwickelt seine eigenen Produkte ständig weiter und berücksichtigt dabei auch individuelle Kundenwünsche. Das Unternehmen firmiert als GmbH und hat seinen Sitz in Dachau. Zu den Kunden zählen Firmen wie Neff, Aldersbacher, Avery, Hilti oder Zweckform. Gründer und Geschäftsführer der Firma ist Edmund Breitenfeld. Infos unter www.securifix.de
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Zur Person: Edmund Breitenfeld
Edmund Breitenfeld ist seit 1972 Unternehmer. Seit dieser Zeit hat der gelernte Fernmeldehandwerker, Kaufmann und Vertriebsexperte zahlreiche Sicherheits- und Hochfrequenz-Funklösungen erfunden, entwickelt und erfolgreich vermarktet. Im Jahr 1992 erhielt die von ihm gegründete Telefix GmbH als erstes Privatunternehmen eine Funkmodulzulassung des Zentralamts für Zulassungen im Fernmeldewesen. In seiner Freizeit betätigt sich der im Jahr 1947 geborene Geschäftsmann vorwiegend künstlerisch als Maler. Auch dabei bleibt Breitenfeld seiner Philosophie treu, dass er grundsätzlich neue Wege beschreitet und den Mut besitzt, neue Vorstellungen und Ideen ungeachtet von Vorbehalten in die Tat umzusetzen.