SPC-Pressegespräch: Wahrnehmung des Short-Sea-Verkehrs wächst

Das Potenzial im KSSV ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.

Das Potenzial im KSSV ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.Hamburg, 23. April 2012 – Mit rund 60 Prozent Anteil am Gesamtumschlag in den deutschen Seehäfen ist der Kurzstreckenseeverkehr (KSSV) schon heute von großer Bedeutung. Dabei sind die Potenziale des nachhaltigen Verkehrsträgers bei Weitem nicht ausgeschöpft. Zu dieser Einschätzung gelangten die Referenten bei dem Jahres-Pressegespräch des ShortSeaShipping Inland Waterway Promotion Center (SPC) am Montag in Hamburg.

Text als Word-Datei: Pressemitteilung SPC PK 230.4.2012

SPC-Geschäftsführer Markus Nölke erklärte: „Die freien Kapazitäten müssen bei der Transportgestaltung stärker berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere angesichts des prognostizierten starken Anstiegs des Güteraufkommens in den kommenden Jahren, aktueller Engpässe in der vorhanden europäischen Verkehrsinfrastruktur und zunehmender Betrachtung von Umweltaspekten.“

Der tägliche Kontakt mit den an der Transportkette Beteiligten zeige ihm, dass die Möglichkeit der Verkehrsverlagerung bei den Entscheidern oftmals nicht ausreichend bekannt sei. Gleichwohl ist aus seiner Sicht ein deutlich positiver Trend in der Wahrnehmung und Stärkung der Position des Kurzstreckenseeverkehrs gleich in mehrfacher Hinsicht erkennbar.So gibt es sehr vielversprechende Gespräche mit Vertetern der EU, das European Shortsea Network (ESN), in dem 22 nationale Short-Sea-Informationsbüros zusammengeschlossen sind, mit einem eigenen Budget für gemeinsame Maßnahmen auszustatten. Dort ist auch das vom Bundesverkehrsministerium unterstützte SPC vertreten.

SPC begrüßt Binnenmarkt im KSSV
Gestärkt fühlt Nölke die Position des KSSV auch durch das aktuelle Bekenntnis der EU-Politiker zugunsten eines gemeinsamen EU-Binnenmarkts im Seeverkehr zwischen den EU- Häfen. Denn im Gegensatz zum Landverkehr sind derzeit im europäischen Kurzstreckenseeverkehr noch aufwändige Zoll- und Grenzformalitäten erforderlich.
Torsten Westphal, stellvertretender Vorsitzender des SPC und geschäftsführender Gesellschafter der ARKON Shipping GmbH & Co.KG, bestätigte den positiven Effekt aus unternehmerischer Sicht: „Gerade die Zollkosten stellen bisher eine Wettbewerbsverzerrung zu den konkurrierenden Verkehrsträgern Bahn und Lkw dar, die innerhalb Europas schon seit Jahren grenzenlos unterwegs sind. Wenn diese Kosten, der Verwaltungsaufwand und die damit verbundene Papierflut entfallen, ist ein erster Schritt in Richtung des fairen Wettbewerbs getan.“
Eine Herausforderung sieht Westphal in der alternden Short-Sea-Flotte, die nicht auf die neuen Umweltauflagen ausgelegt sei. Doch der Spielraum für Schiffsfinanzierungen des maritimen Mittelstandes sei als Folge der Finanzkrise stark eingeschränkt. Er plädierte für einen Schulterschluss zwischen Finanzwirtschaft, Politik und Reedern. „Es ist an ihnen, gemeinsame Lösungswege auszuloten, wie ein Aufschub der stark reduzierten Tilgungsfristen möglich ist.“


Reederei-Kooperationen machen KSSV zukunftsfähig

Mittelfristig seien Strukturveränderungen in der Branche erforderlich, um die Zukunftsfähigkeit der KSSV-Reeder zu sichern. „Der Short-Sea-Verkehr braucht operative Kooperationen nach dem Vorbild der Stückgutverbunde im Lkw-Verkehr. Auch dort halfen Netzwerke dem unwirtschaftlich gewordenen Geschäft aus der Sackgasse.“ Als Beispiele führte er die beiden Genossenschaften der European Minibulk eG sowie der Container Feeder eG mit über 300 vertretenen Schiffen an. In der nächsten Stufe erwartet Westphal ein Verschmelzungs- und Fusionstrend von klein- und mittelständischen Reedereien.
Die zentrale Bedeutung des umweltfreundlichen Ro/Ro-Segements im Short-Sea-Verkehr für den innereuropäischen Warenaustausch und Personenverkehr hob Hanns Heinrich Conzen, Geschäftsführer TT-Line GmbH & Co.KG, hervor. Als Marktführer im Direktverkehr mit Schweden beobachtet Conzen, dass in vielen Fahrtgebieten das Vorkrisenniveau schon fast wieder erreicht ist. Dieses lag 2007, im Jahr vor der Krise, bei 765 Mio. beförderten Passagieren, 138 Mio. Pkw sowie etwa 28 Mio. Lkw und Trailern auf annähernd 1000 Routen.

SPC-Geschäftsführer Nölke ergänzte, dass für den KSSV insbesondere die Ostseehäfen mit Ro/Ro-Verbindungen nach Skandinavien und ins Baltikum von großer Bedeutung seien. Weiter profitiere der Verkehrsträger von dem Wachstumsmarkt Osteuropa, vor allem Russland. Doch insbesondere die Verkehre in Nord- und Ostsee stehen aufgrund ungleicher europäischer Rahmenbedingungen von 2015 an vor enormen Herausforderungen.
Denn ab 2015 werden die Schwefelemissionswerte in Nord- und Ostsee von 1,0 auf 0,1 Prozent gesenkt während in den übrigen europäischen Fahrtgebieten unverändert ein Grenzwert von 3,5 Prozent zur Anwendung kommt. Die Konsequenzen zeigte Conzen auf: „Die hohen Brennstoffkosten würden dadurch derart verteuert, dass die betroffenen Reedereien erheblich Verkehrsverlagerungen zurück auf die Straße befürchten, die politisch nicht gewollt und ökologisch kontraproduktiv sind.“


SPC-Mitglied testet Abgasreinigungsanlage

Für die existierende Tonnage fokussierten sich die Reedereien derzeit intensiv auf den möglichen Einsatz von Abgasreinigungsanlagen (Scrubbern), die für den Einsatz auf Schiffen jedoch noch nicht ausreichend entwickelt und getestet seien. „Deshalb haben wir ein Pilotprojekt entwickelt, das den Einbau einer Testanlage vorsieht und im Rahmen des EU-Programms TEN-T gefördert werden soll“, berichtete Conzen. Mit der Installation von ein bis zwei Pilotanlagen in 2013/2014 wolle TT-Line die nötigen Erprobungen und die technische Weiterentwicklung solcher Anlagen unterstützen. Gleichzeitig setzten sich die Ro/Ro-Reeder für ein Moratorium bis 2020 ein, um die erforderliche Umrüstung der existierenden Ro/Ro-Tonnage in Nord- und Ostsee dann auch fristgerecht umsetzen zu können.

Für die Fahrtgebiete der Short-Sea-Linienreederei Oldenburg-Portugiesische Dampfschiffs-Rhederei GmbH & Co. KG (OPDR) beobachtet deren Geschäftsführer Till Ole Barrelet eine steigende Nachfrage nach der “grünen” Alternative. „Die Verlader sind vor allem auf der Suche nach verlässlichen Alternativlösungen zum Lkw. Dort sind starke Preisschwankungen, Verfügbarkeitsengpässe und Transportverzögerungen aufgrund von Staus an der Tagesordnung. Positive Erfahrungen mit dem KSSV führen bereits zu einem Multiplikator-Effekt in der Verladerschaft.“
Die zunehmende Akzeptanz des Kurzstreckenseeverkehrs unter den an der Transportkette Beteiligten spiegelt sich auch in der steigenden Zahl der Mitglieder in der öffentlich privaten Partnerschaft des SPC wieder. „Aktuell haben wir eine Neumitgliedschaft aus der verladenden Wirtschaft und sind im Gespräch mit weiteren Interessenten“, konkretisierte Nölke. Für ihn sind die Mitglieder das größte Kapital des SPC: „Denn sie sind es, die die nachhaltigen Logistikprozesse umsetzen und die alternativen Lösungen von der Theorie in die Praxis heben.“

Über das SPC

Das SPC ist eine neutrale Plattform zur Förderung des Kurzstreckenseeverkehrs und der Binnenschifffahrt im Rahmen multimodaler Transportketten. Das Kompetenz-Netzwerk ist zentraler Ansprechpartner für Unternehmen und Organisationen und steht als öffentlich private Partnerschaft im engen Dialog mit Fachforen und der Verkehrspolitik. Gemeinsam mit den an der Transportkette Beteiligten ermittelt das SPC Verlagerungspotenziale und entwickelt intermodale Logistiklösungen. Die seit der Gründung 2001 ermittelten Verlagerungspotenziale summieren sich auf über eine Milliarde Tonnenkilometer mit einer Reduzierung von 60.000 t CO²-Emissionen, wobei nur „Erstverlagerungen“ erfasst werden.
Träger ist der Verein zur Förderung des Kurzstreckenseeverkehrs (VFKSV). Aktuell zählt die Plattform zur Förderung des Kurzstreckenseeverkehrs und der Binnenschifffahrt mit Sitz in Bonn über 40 Mitglieder und Förderer. Zu dem Kompetenz-Netzwerk gehören das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), die Bundesländer Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen sowie Schleswig-Holstein, Reedereien, Spediteure, Hafenumschlagbetriebe, Häfen, Güterbahnen, Schiffsmakler und Verbände.
Informationen unter www.shortseashipping.de

Presse-Kontakt SPC

Markus Nölke, SPC-Geschäftsführer
Telefon: 0228-300 4890
E-Mail: presse@shortseashipping.de

Stephanie Lützen, Lütpress
Telefon: 030-240 370 65
Mobil: 0177 28 06 731
E-Mail: info@luetpress.de

Nächste SPC-Termine

22.-24. Mai 2012, Antwerpen: SPC auf der „Break Europe Messe“
19./20. Juni 2012, Antwerpen: SPC auf der „ShortSea Euro
11. Oktober 2012, Hamburg: 9. ShortSea Dialog (Gemeinschaftsveranstaltung mit dem Hafen Hamburg Marketing)